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KI in der Arbeitswelt (Teil 2): Einsatz und Nutzung

Immer mehr Unternehmen setzen auf Künstliche Intelligenz (KI). Sie wollen damit die Effizienz, die Innovation und die Wettbewerbsfähigkeit stärken. Doch worauf muss dabei geachtet werden? Ein Interview mit Ursula Häfliger, Verantwortliche Politik des Kaufmännischen Verbands Schweiz und Geschäftsführerin der politischen Allianz «plattform», über mögliche Anwendungsbereiche und die Bedeutung ethischer Standards für die Nutzung von KI.

Was sind die wichtigsten Möglichkeiten, wie Unternehmen bereits jetzt KI einsetzen?

In sehr vielen Branchen gibt es Potenzial für KI – von der Kunst bis zur Chirurgie. Möglichkeiten gibt es überall dort, wo es entweder viele Daten, viele Regeln oder beides gibt. Daten können in ganz vielen Formen daherkommen: von Bildern, über Ton zu Text und Zahlen. Das heisst, KI kann z.B. klare Regeln anwenden, wenn sie in der Kundenberatung eingesetzt wird. Das merkt man auch selbst, wenn man einen Chatbot benutzt. Je nach Frage und Thema, wird man dann zur nächsten Frage geführt. Chatbots können sich aber auch Daten zunutze machen. Dinge wie Gebrauchsanweisungen etc. Oder man verwendet ganz viele Daten aus der Buchhaltung, um eine Finanzprüfung zu machen. Das muss man dann nicht mehr Stichprobemässig machen. Wichtig ist, dass Daten von guter Qualität und zentralisiert sind.

Der Cisco AI-Readiness-Index 2023 ist ein Tool, das Unternehmen dabei hilft, ihre Bereitschaft für die Einführung von KI zu beurteilen. Er basiert auf einer Umfrage unter 3000 Führungskräfte in 13 Ländern und Branchen und zeigt, dass Firmen vor allem KI einsetzen wollen, um effizienter zu werden, um Innovation voranzutreiben oder um den Kundenservice zu verbessern. Man will aber natürlich dabei auch die Gewinne verbessern und konkurrenzfähig bleiben.

Können KMU auf diese Art von Lösungen zugreifen oder sind sie grossen Konzernen und Technologieunternehmen vorbehalten?

Es gibt unzählig viele Anwendungsbereiche für KI in allen Sektoren und auch bei allen Betriebsgrössen. Wegen der Datenqualität sind oft bereits digitalisierte Betriebe schneller bei der Umsetzung. Grosse Unternehmen machen einfacher Effizienzgewinne wegen ihrer Grösse und haben oft auch mehr Personal, welches sich z.B. schon um IT oder Datenqualität kümmert, kleine Unternehmen sind dafür zum Teil etwas wendiger und können vielleicht innovativer vorgehen. Sehr viele Unternehmen setzen schon «Off-the-Shelf»-Anwendungen ein, also Lösungen, die über eine Applikation anwendbar sind. Ein einfaches Beispiel sind die Text- oder Bildgenerierungsapps, die auch Private viel nutzen. Andere Lösungen können teilweise auf das Unternehmen angepasst sein, wie z.B. Accounting- oder Recruiting-Tools. Diese sind vielleicht etwas teurer, dafür unternehmensspezifischer. Den grössten Wettbewerbsvorteil bedeuten dann KI-Anwendungen, welche speziell für die Firma entwickelt wurden. Das ist zwar aufwändiger, aber sie sind auch viel gezielter für den Nutzen der Firma entwickelt. Das kann gerade bezüglich Innnovation viel bringen.

«Die Einführung von KI im Unternehmen erfordert einen sorgfältigen und partizipatorischen Ansatz.»
Ursula Häfliger, Verantwortliche Politik beim Kaufmännischen Verband Schweiz

Was müssen Unternehmen bei der Einführung von KI beachten? 

Für die Einführung von KI braucht es Skills, mit der neuen Technologie umzugehen; sei es bei der Implementierung oder bei der Anwendung. Und das bedarf eines Re- und Upskilling-Prozesses für die Arbeitskräfte. Die Einführung von KI im Unternehmen erfordert einen sorgfältigen und partizipatorischen Ansatz. Das nimmt einerseits die Ängste, die Arbeitnehmende oftmals haben können, und zeigt andererseits auch Bedarf bei der Kompetenzentwicklung auf.  

Erwarten Unternehmen heute von ihren neuen Mitarbeitenden, dass sie über spezifische Fähigkeiten für den Einsatz von KI verfügen?  

Das ist in der Regel sehr unterschiedlich, das haben verschiedene Studien in der Schweiz und international gezeigt. Oft fehlt auch in den Unternehmen immer noch das Wissen. Nicht nur, wie und wo sie KI einsetzen können, sondern auch welche Skills es dafür braucht. Das sind nicht einfach Programmierer, die man dafür braucht. Es braucht Menschen, die das Unternehmen und alle Prozesse gut kennen. Es braucht Leute, welche alle Typen von Daten im Unternehmen kennen, und es braucht schliesslich Leute, die beurteilen können, wo es einen Bedarf gibt bezüglich Effizienz oder Innovation. Man muss aber ganz klar sagen: Der Umgang KI bei der Arbeit erfordert ein gewisses Mass an Grundwissen und Training. Die Entwicklung ist rasant und die Angestellten müssen jetzt damit anfangen. Es liegt in der Verantwortung der Unternehmen, sicherzustellen, dass diese Grundkenntnisse erworben werden können. Dazu braucht man keinen CAS, sondern als ersten Schritt einfach einige Grundregeln und internen Knowledge-Transfer. Spezifischere Kenntnisse kann man sich dann bei Bedarf noch aneignen.  

«Der Umgang KI bei der Arbeit erfordert ein gewisses Mass an Grundwissen und Training. Die Entwicklung ist rasant und die Angestellten müssen jetzt damit anfangen.»
Ursula Häfliger

Wie kann sichergestellt werden, dass beim Einsatz von KI in der Arbeitswelt bestimmte ethische Standards eingehalten werden? 

Die Anwendung von generativer KI bei der Arbeit birgt in der Tat einige Fallstricke: ethische und rechtliche. Welche Daten kann man in eine KI-Anwendung eingeben? Was passiert damit? Gibt es dabei vertrauliche oder personenbezogene Daten? Alles, was man in öffentliche KIs eingibt, wird für das Trainieren der KI verwendet. Ist das in Ordnung? Was ist mit dem Output von KI-Anwendungen? Wem gehört der und wer haftet für fehlerhafte Informationen? Soll man die «Quelle» deklarieren? Diese Punkte müssen Unternehmen bewusst sein und sie müssen es vor allem auch mit ihren Angestellten klären. Einige Unternehmen haben bereits interne Arbeitsgruppen gebildet, um all diese Fragen zu klären, inklusive den möglichen Einsatz von KI und den Weiterbildungsbedarf. Das finde ich begrüssenswert. 
Nicht zuletzt gibt es auch Nachhaltigkeitsfragen zu klären: KI ist auf riesige Datenmengen angewiesen. Diese brauchen wiederum viel Rechenpower und damit Energie. Diese Fragen müssen wir schon von Anfang an bei der Implementierung beachten.  

Wie sieht es mit der Integration von Augmented Artificial Intelligence in die Berufswelt aus?  

Bei Augmented-Reality-Anwendungen handelt es sich um computer- resp. technologiegestützte Erweiterungen der realen Welt. Diese haben bereits Einzug in die Arbeitswelt gehalten und werden es in Zukunft sicher noch mehr tun. Sei es in der Kommunikation, in der Logistik, oder ganz einfach für eine verbesserte Visualisierung. Das kann Mitarbeitenden sehr helfen, aber natürlich auch Kundinnen und Kunden. Wenn man zum Beispiel an das Angebot von IKEA zur virtuellen Platzierung von Möbeln im eigenen Heim denkt. 
In der Arbeitswelt wird die Überführung von digitalen Objekten in die reale Welt meiner Meinung nach nicht von heute auf morgen geschehen und das ist auch gut so. Wir wissen nämlich noch überhaupt nicht, welche Auswirkungen Augmented-Reality-Anwendungen auf uns haben. Weder auf unseren Körper, noch auf unsere Psyche. Wir tun gut daran, das zuerst herauszufinden, bevor die Technologie flächendeckend eingesetzt wird. Es gilt, einen menschenzentrierten Einsatz von Technologie anstreben, wie es die politische Allianz des Kaufmännischen Verbands Schweiz, die plattform, verlangt.  

Welche Chancen und Herausforderungen KI mit sich bringt und wie KI die Arbeitswelt verändert, erfahren Sie im ersten Teil unserer Interviewreihe «KI in der Arbeitswelt»


Veröffentlicht am: 3.6.2024

Autor:in

  • Isabel Meraner

    Senior Communication Manager, Kaufmännischen Verband Schweiz

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