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Sinn-Ökonomie: Orientierung und Wertschätzung führen zum Erfolg
Menschen suchen einen Sinn in der Arbeit. Fehlt Feedback und Wertschätzung, kündigen sie. Gerade in Zeiten von hybriden Arbeitsmodellen braucht es ein neues Führungsverständnis, Orientierung und eine gemeinsame Identität, um erfolgreich zu sein. Die Sinn-Ökonomie bietet Lösungen auf die aktuellen Herausforderungen.
Zu Beginn der Corona-Pandemie mussten Unternehmen in kürzester Zeit auf hybride und virtuelle Arbeitsformen umstellen. Dies hat in zahlreichen Branchen die Digitalisierung beschleunigt. Remote Work und Homeoffice gehören mittlerweile in vielen Firmen zum Alltag. Mitarbeitende und Führungskräfte haben sich an neue Arbeitsformen gewöhnt oder schlicht gewöhnen müssen. Darunter auch Lernende, welche heute als junge Arbeitnehmende im Arbeitsmarkt tätig sind. Doch die damalige Homeoffice-Pflicht und die Auswirkungen und Anforderungen einer immer digitaler werdenden Arbeitswelt – mit neuen Skills und Aufgabenbereichen – haben auch zutage gebracht, was sich schon länger abzeichnet: Menschen suchen einen Sinn in der Arbeit.
Menschen brauchen Wertschätzung
Lohn, Sozialleistungen oder Vergünstigungen können eine gute Investition gegen den Arbeitskräftemangel darstellen, reichen jedoch nicht mehr, um Arbeitnehmende zu halten. Menschen brauchen Wertschätzung, eine gemeinsame Identität, zwischenmenschliche Begegnungen, persönliche Interaktionen. Jüngere Generationen haben zudem ein anderes Verhältnis zu Geld und Wohlstand und verabschieden sich teilweise vom klassischen Arbeitsmarktmodell resp. Angestelltenverhältnis. Sie suchen mehr nach Flexibilität, Kultur und Purpose.
Zufriedene Mitarbeitende leisten mehr
In der sich rasant verändernden Arbeitswelt sind zufriedene Mitarbeitende ein zentraler Faktor für den Unternehmenserfolg. «Mitarbeitende brauchen Wertschätzung und Beziehungen, die tragen», sagt Andrea Kuhn-Senn, die Gründerin von CYP, dem Ausbildungszentrum der Banken. Denn wenn Angestellte einen Sinn in der Arbeit sehen, wahrgenommen werden und sich am Arbeitsplatz wohlfühlen, leisten sie mehr. Und Unternehmen mit einem klaren Purpose (engl. «purpose-driven organizations») verschaffen sich mittel- bis langfristig einen Wettbewerbsvorteil. Sie sind produktiver, wachsen schneller, sind innovativer, erzielen eine bessere Kundenzufriedenheit und können Mitarbeitende länger halten als ihre Konkurrenz.
Sinn statt Gewinn
Im wirtschaftlichen Diskurs wird die Sinn-Ökonomie als neue Wirtschaftsepoche nach der Informationstechnologie bezeichnet. Unternehmen sollen dabei Investitionen in wirtschafts- und gesellschaftsrelevante Werte fördern, auf Ethik und Nachhaltigkeit setzen und Sinn statt Gewinn ins Zentrum ihrer Tätigkeit stellen.
Der Begriff der Sinn-Ökonomie (engl. «Purpose Economy) wurde durch Aaron Hurst geprägt, Geschäftsführer von Taproot Foundation, der grössten gemeinnützigen Beratungsfirma in den USA. Sinn-Ökonomie ist ein Dachbegriff, der verschiedene Ansätze einer neuen Wirtschaftsform zusammenfasst. Das Zukunftsinstitut definiert Sinn-Ökonomie wie folgt: «Neue Dimensionen der Wertschöpfung abseits des Denkens in Wachstum und Profitmaximierung rücken in den Vordergrund: sozialer Mehrwert, Nachhaltigkeit, eine glückliche Mitarbeiterschaft, gesellschaftlicher Fortschritt.» Darunter fallen Bezeichnungen wie Next Economy und Postwachstumsökonomie. Sharing Economy, Smart Economy und Kreislaufwirtschaft sind Ausdruck dieser Bewegung des nachhaltigen Wirtschaftens.
«Mitarbeitende brauchen Wertschätzung und Beziehungen, die tragen.»Andrea Kuhn-Senn, Gründerin von CYP, dem Ausbildungszentrum der Banken
Weg vom unbegrenzten Wachstum
Die Sinn-Ökonomie ist Teil des Megatrends der Neo-Ökologie, welche den Veränderungsprozess weg vom unbegrenzten Wachstum hin zu einem nachhaltigen Wirtschaften beinhaltet. Für Unternehmen bedeutet dies mehr als einzelne Massnahmen im Bereich Corporate Social Responsibility (CSR), Diversity & Inclusion, Employer Branding oder Investments nach Environmental Social Governance --Kriterien (ESG). Unternehmen, so der Ansatz, müssen konkrete Lösungen für gesellschaftliche und ökologische Probleme bieten.
Kollaboratives Führungsverständnis
Neben dieser aktiven Rolle nach aussen sollen Unternehmen einen Sinn nach innen vermitteln. Sind Vision und Zweck des Unternehmens klar, können sich Mitarbeitende mit dem Unternehmen identifizieren.
Doch auch bei Unternehmen mit Purpose bleiben grosse Herausforderungen an Führung und Unternehmenskultur – gerade in Zeiten von Remote Work, Homeoffice und New Work. «Unternehmen sind auf der Suche nach ihrer geeigneten Form von kollaborativem Führungsverständnis. Sie müssen ihre HR-Praktiken grundlegend überdenken» sagt Sybille Sachs, Professorin für Betriebswirtschaft und Gründerin sowie Leiterin des Institute for Strategic Management an der HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich. In ihrem Buch «Beyond Leadership» plädiert sie für Zusammenarbeit auf Augenhöhe, den Abbau von Hierarchien und eine Unternehmenskultur geprägt von Vertrauen, Respekt und Wertschätzung.
Beziehungen pflegen verbessert die Leistung
Das kollaborative Führungsverständnis gibt Mitarbeitenden mehr Freiraum für die persönliche und berufliche Weiterentwicklung. Gleichzeitig müssen Führungskräfte soziale und zwischenmenschliche Beziehungen pflegen und besonders auch in Zeiten von Remote Work Wünsche und Bedürfnisse von Mitarbeitenden einschätzen können. Fühlen sich Mitarbeitende ernst genommen, sicher und wertgeschätzt, trägt dies zu einem Gefühl des Zusammenhalts und der Zugehörigkeit bei – und steigert die Leistungsfähigkeit.
Sybille Sachs ergänzt: «Die Forschung zeigt vier Effekte von psychologischer Sicherheit auf, das sogenannte psychologische Kapital der Menschen: Mitarbeitende sind effektiv, optimistisch, hoffnungsvoll und vor allem resilient.»
Wertschätzung, Orientierung, Autonomie
Die Erfolgsfaktoren für Führung in der Sinn-Ökonomie? Die heutigen Führungskräfte müssen in der Lage sein, die richtigen Rahmenbedingungen zu bieten: Sicherheit, Wertschätzung und das richtige Mass an Autonomie.
New Leadership ist gefragt, besonders in Unternehmen mit hybriden Arbeitsformen. Unternehmen müssen sicherstellen, dass sie die richtigen Führungskräfte an den richtigen Stellen einsetzen.
Führungskräfte, die über wenig oder keine Erfahrung in der digitalen und hybriden Arbeitswelt verfügen, brauchen entsprechende Begleitung und Trainings – und zwar über alle Stufen, vom CEO und der Geschäftsleitung bis zu den Mitarbeitenden an der Front.
Eine gute Unternehmenskultur
In Zeiten der Sinn-Ökonomie ist eine gute Unternehmenskultur entscheidender denn je. Es braucht Wertschätzung, gelebte Beziehungen, eine direkte Feedbackkultur, Offenheit für Veränderung und transparente Kommunikation auf allen Ebenen. Dann sind Unternehmen gut gerüstet, um auch im hybriden Arbeitsumfeld und in unsicheren Zeiten Orientierung zu bieten, einen Sinn in der Arbeit zu vermitteln und ihre Mitarbeitenden zu halten und weiterzuentwickeln.
«Die Forschung zeigt vier Effekte von psychologischer Sicherheit auf, das sogenannte psychologische Kapital der Menschen: Mitarbeitende sind effektiv, optimistisch, hoffnungsvoll und vor allem resilient.»Sybille Sachs, Professorin für Betriebswirtschaft und Gründerin sowie Leiterin des Institute for Strategic Management an der HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich