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Was junge Talente wirklich wollen
Ältere Generationen diskutieren oft kontrovers über die Gen Z. Doch klar ist: Am Arbeitsmarkt kommen wir nicht an ihr vorbei. Die Stiftung Swiss Skills hat in ihrer aktuellen Studie versucht zu eruieren, wie sich junge Talente rekrutieren und binden lassen. In der Studie kommen die jüngsten Arbeitskräfte zu Wort und erklären, was ihnen wirklich wichtig ist.
Wie jede «neue» Generation muss auch die Gen Z gerade ihre Rolle im Arbeitsumfeld finden und ihre Eigenheiten einmal mehr erklären als ältere. Unter dem Buchstaben Z summieren Fachleute ungefähr die zwischen 1997 und 2010 geborenen, wobei die Grenzen teils fliessend sind. Die Millennials (1981–1996), die Gen X (1965–1980) und die Babyboomers (1946–1964) sind bereits länger arbeitstätig und haben sich in dieser Domäne etabliert.
Auch wenn eine Generation natürlich aus einer Vielzahl von Individuen besteht und deshalb nicht als homogene Masse über einen Kamm geschert werden darf, gibt es manchmal interessante Gemeinsamkeiten. Diese sind meist durch äussere Faktoren geprägt und können sich auch von Land zu Land unterscheiden. Bei der Gen Z ist es vor allem das Leben mit dem Smartphone, das sie verbindet. Die heute 14- bis 29-Jährigen sind die ersten, die wirklich mit digitalen Geräten aufgewachsen sind. Man sagt ihnen nach, dass ihre Aufmerksamkeitsspanne und ihr Durchhaltevermögen vergleichsweise klein seien. Sie bringen aber auch eine hohe kulturelle Vielfalt mit und wurden bereits als Kinder ernst genommen und gefördert. Dazu kommt, dass sie in einen ausgetrockneten Arbeitsmarkt einsteigen, der nach Fachleuten ächzt wie eine zu wenig gegossene Pflanze.
«Ich würde eher ein geringeres Gehalt akzeptieren, wenn dafür ein besseres Arbeitsumfeld gegeben ist.»Teilnehmer:in Swiss Skills-Studie 2023
Arbeitsklima als Killerkriterium
Wie nimmt das die Gen Z selbst wahr? Die Stiftung Swiss Skills, Organisatorin der gleichnamigen Schweizer Berufsmeisterschaften, fragte in Zusammenarbeit mit Kitoko People die besten ihres Fachs nach ihrer Motivation und ihren Anforderungen an Arbeitgeber:innen. Als Killerkriterium bezeichneten diese das Arbeitsklima. Ist es gut, sind sie bereit, viel zu leisten. Ist es schlecht, sind sie schnell weg. 94% der Frauen und 87% der Männer gaben ein gutes Arbeitsklima beziehungsweise das Team als wichtigsten Wahlfaktor bei der Arbeitssuche an. In der Studienpräsentation wird aus den Befragten zitiert: «Ich würde ein geringeres Gehalt akzeptieren, wenn dafür ein besseres Arbeitsumfeld gegeben ist. Das ist ein Kompromiss. Aber ich würde auch nicht unterbezahlt arbeiten.» Jemand anderes sagte: «Man kann sich eher vorstellen, länger in einer Unternehmung zu bleiben, wenn man diese positiv wahrnimmt.»
Was ihre Erwartungen gegenüber von Vorgesetzten angeht, äusserten sich die Befragten in ähnlicher Weise: Vertrauen, Wertschätzung und Respekt sind sowohl für Männer (77%) wie auch für Frauen (78%) zentrale Faktoren. Eine Aussage lautete zum Beispiel: «Wertschätzung ist ein sehr grosser Punkt. Es ist wichtig, dass es intern gut läuft und es eine offene Kommunikation gibt.»
Sinn wichtiger als Arbeitszeiten und Lohn
Neben dieser Forderung nach Augenhöhe und einer guten Unternehmenskultur ist laut der Swiss Skills-Studie der Arbeitsinhalt von hoher Bedeutung. Ein Fazit lautete deshalb: «Für die Generation Z ist die Hervorhebung eines Sinns in der Arbeit zentral. Viele würden lieber für eine Firma arbeiten, die ihnen einen Sinn gibt, als für eine, die mehr zahlt.» Der Arbeitsstandort oder auch die Arbeitszeiten spielten dagegen – genauso wie der Lohn – eine untergeordnete Rolle.
Das heisst allerdings nicht, dass die jungen Arbeitskräfte keine Ambitionen hätten. Sie möchten weiterkommen, sich bilden und aufsteigen – auch das hat die Studie klar gezeigt. Als attraktive Zusatzleistungen eines Unternehmens nannten die Befragten am häufigsten eine Beteiligung an Aus- und Weiterbildungen. Das könnte allenfalls auch vom Umstand gefärbt sein, dass zu den Teilnehmer:innen der Schweizer Berufsmeisterschaften besonders motivierte und zielstrebige Jugendliche zählen.
Mit Leidenschaft in viele Abenteuer
Noemi Laezza ist eine junge Kauffrau, die Workshops für die erfolgreiche Zusammenarbeit mit ihrer Generation anbietet. Sie stellt fest, dass jüngere Menschen ihrer Leidenschaft nachgehen möchten, mehr Ressourcen zur Verfügung haben, vieles dank dem Internet auch einfacher zugänglich ist als früher. «Ältere Generationen finden das manchmal unverschämt, weil sie es härter hatten. Aber das ist nicht die Schuld der Gen Z. Wir profitieren von den neuen Technologien, haben dafür aber auch mehr Druck und Drang zum Vergleich.» Die Marketingfachfrau betont, dass es nur mit Brücken zwischen den Generationen wirklich funktioniere im Arbeitsmarkt. Dazu gehört die Bereitschaft, andere Perspektiven einzunehmen und neue Wege zu entdecken. «Die Jungen haben vielleicht frischen Input und den Mut, etwas zu wagen. Die Älteren haben die Erfahrung und den Blick fürs grosse Ganze. Gemeinsam können sich die Generationen positiv ergänzen.»
Noemi Laezza ist eine Brückenbauerin. Sie vertritt die Werte, die vielen jungen Leuten heute wichtig sind, und übersetzt sie dann für ältere Generationen. So sagt sie beispielsweise: «Nur weil einem Freizeit wichtig ist, heisst das nicht, dass man weniger leistet» oder «Wer persönlich wachsen kann und sich inspiriert fühlt, geht auch eher die Extrameile». Durch die Technologien habe ihre Generation ganz generell eine schnelle Auffassungsgabe und denke vernetzt. Sie müsse aber auch Verantwortung übernehmen und lernt beispielsweise für ihr berufsbegleitendes Studium mit Fokuszeit, um konzentriert an einer Sache dranzubleiben.
Auch das ist eine neuzeitliche Erscheinung: Während die Babyboomer nach der Lehre oft Jahrzehnte in Vollzeit für den- oder dieselbe Arbeitgeber:in tätig waren, machen Vertreter:innen der Gen Z nicht selten mehr als einen Job. «Die Interessen sind so vielfältig, warum sich nur für einen Weg entscheiden?», fragt Noemi Laezza, die ihrerseits neben Anstellung und Studium noch als Marketing-Freelancerin und Schauspielerin tätig ist.
«Wer persönlich wachsen kann und sich inspiriert fühlt, geht auch eher die Extrameile.»Noemi Laezza, Content Creator und Workshop-Leiterin
Dream big – oder der Griff nach den Sternen
Die wichtigsten Erkenntnisse der Swiss Skills-Studie waren unter anderem, dass die Unternehmenskultur ein wichtiger Pull-Faktor ist, um junge Talente anzuziehen. Diese sollte deshalb bereits im Vorstellungsgespräch erlebbar gemacht werden. Eine Du-Kultur hilft, als modernes und attraktives Unternehmen aufzutreten und fördert den Dialog auf Augenhöhe. Damit einher geht auch eine Rollentransformation weg von der klassischen Führungskraft hin zum Coach oder zur Mentorin.
Man könnte auch sagen, die Generation Z greift nach den Sternen. Sie möchte für voll genommen werden und ihre eigenen Wege finden. Ganz unabhängig davon, ob das einfach die Jugend ist, die später dann schon noch gesetzter wird oder ob es das Selbstverständnis einer neuen Generation ist, hat die Swiss Skills-Studie gezeigt: Wer den jungen Talenten Freiheiten gewährt und ihnen auf Augenhöhe begegnet, darf auch viel von ihr erwarten.
Erstmals veröffentlicht am: 11.4.2024
Autor:in Rahel Lüönd
Zur Person
Noemi Laezza ist Assistentin Marketing & Project Management bei Tax Partner AG, einer unabhängigen Kanzlei für Steuerberatung in Zürich. Sie schliesst dieses Jahr ihren Bachelor in «Business Communications» an der HWZ ab. Ihr Herz schlägt für die Schauspielerei und kreative Disziplinen wie Content Creation, Fotografie und Schreiben.
Infobox
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Die Stiftung Swiss Skills fördert die Berufsmeisterschaften in der Schweiz und ermöglicht jungen Berufsleuten die Teilnahme an internationalen Wettbewerben. Sie wird von Bund, Kantonen und Arbeitsorganisationen getragen.
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Zwar sind die Grenzen fliessend, jedoch unterscheiden Fachleute derzeit anhand der Jahrgänge zwischen sechs Generationen:
- Traditionals: Geboren zwischen 1922 und 1945
- Babyboomers: Geboren zwischen 1946 und 1964
- Generation X: Geboren zwischen 1965 bis 1980
- Generation Y (Millennials): Geboren zwischen 1981 bis 1996
- Generation Z: Geboren zwischen 1997 bis 2010.
- Generation Alpha: Geboren ab 2010
Vier dieser Generationen treffen derzeit auf dem Arbeitsmarkt zusammen.