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Engagement für eine sauberere Welt
Natalie Bino hat 2015 den Verein ZeroWaste Switzerland gegründet. Die kaufmännische Angestellte und Marketingfachfrau ist Umweltberaterin geworden und setzt sich heute für eine nachhaltige Abfallbewirtschaftung ein.
Unser Treffen findet im Bahnhofbuffet Lausanne statt, das in ein vegetarisches Restaurant umgewandelt wurde. Natalie Bino gibt der etwas überraschten Angestellten an der Theke spontan den Strohhalm und die Papierserviette zurück, die sie ungefragt mit ihrer Limonade erhalten hat: «Sie sind rezykliert», versichert ihr die Angestellte. «Das kann schon sein, aber es sind dennoch Abfälle», antwortet ihr Natalie Bino auf freundliche Art. Somit sind wir gleich beim Thema.
Natalie Bino ist die Geschäftsführerin und Gründerin des Vereins ZeroWaste Switzerland, der die Schweizer Bevölkerung für Notwendigkeit zur nachhaltigen Abfallreduktion sensibilisieren will. Der Verein organisiert Konferenzen, Workshops und informelle Informationsanlässe bei einer Tasse Kaffee: «Beim Thema Abfälle ist es wichtig, sich mit der Bevölkerung auszutauschen, um zu wissen, was die Leute denken, und um jenen zu helfen, die ihre Gewohnheiten ändern wollen. Wir erklären ihnen, dass es nicht notwendig ist, alles auf einen Schlag zu ändern, sondern dass sie schrittweise vorgehen können», erklärt Natalie Bino.
Das Projekt begann 2015 bei einer Diskussion mit zwei anderen Personen. Der Matin Dimanche berichtete über das Projekt, und schon bald trafen die ersten Konferenzanfragen ein. «Wir mussten alles spontan und schnell aufbauen», erinnert sich die Geschäftsführerin des Vereins, der nun 14 Regionen mit freiwilligen Helfer:innen und mehr als 1000 Mitglieder zählt sowie drei Angestellte in Vollzeit und einige Praktikant:innen beschäftigt.
Heute ist ZeroWaste Switzerland in der ganzen Schweiz tätig und begleitet Unternehmen und Gemeinden, die ihre Abfälle reduzieren wollen. So zum Beispiel die Stadt Carouge, die der Verein bereits seit drei Jahren im Rahmen eines Pilotprojekts unterstützt. «Es war notwendig, das Gemeindepersonal, die Schulen und die Wirtschaftsverbände zu sensibilisieren. Wir haben eine Plakatkampagne und zahlreiche Aktionen durchgeführt. Es war sehr viel Arbeit», erklärt Natalie Bino.
«Wir erklären den Leuten, dass es nicht notwendig ist, alles auf einen Schlag zu ändern, sondern dass sie schrittweise vorgehen können.»Als Umweltberaterin ist Natalie Bino im Austausch:
Berufseinstieg
Natalie Bino begann ihre Karriere mit einer kaufmännischen Lehre in der Region Langenthal. «Ich habe diesen Weg gewählt, weil meine Mutter dagegen war! (lacht) An dieser Stelle sollte ich wohl erwähnen, dass sie selbst dreissig Jahre zuvor diese Ausbildung gewählt hatte und der Beruf als kaufmännische Angestellte für sie vor allem darauf beschränkte, Kaffee zuzubereiten und Dokumente einzuordnen. Ich hingegen habe diese Wahl getroffen, weil ich hoffte, dass mir dadurch viele Türen geöffnet würden, und weil es sich um eine abwechslungsreiche Tätigkeit handelte», erklärt Natalie Bino. Ihre Lehre absolvierte sie bei zwei Textilunternehmen (das erste Unternehmen ging sechs Monate nach dem Beginn ihrer Ausbildung in Konkurs). «Mir gefiel diese Zeit, auch wenn die Arbeit hart war: Ich begann jeden Tag um 6.30 Uhr, und es gab immer viel zu tun. Es war sehr abwechslungs- und lehrreich. Und ich mochte die Regelmässigkeit der Arbeitszeiten und einiger Aufgaben. Heutzutage fehlt mir das manchmal», erzählt sie.
Start in der Welt des Marketings
Nach ihrem Lehrabschluss ging sie sich in die Westschweiz, um Französisch zu lernen, und ist dort geblieben. Nach ein paar Monaten in einem Import-Export-Unternehmen in der Textilbranche ging sie zu McDonald’s. «Mein Engagement für die nachhaltige Abfallreduktion kam ein bisschen später» (lacht), erklärt Natalie Bino.
Anfang der 90er-Jahre war die Dringlichkeit der Klimakatastrophe den Menschen noch nicht bewusst und die Fast-Food-Kette war sehr erfolgreich. Während ihrer Einarbeitungszeit musste sie ein Praktikum in einem McDonald's-Restaurant absolvieren: «Wir schuften hart und rochen nach Frittieröl. Ich arbeitete mit Student:innen, Flüchtlingen und Menschen mit verschiedensten Hintergründen zusammen. Es war eine grosse menschliche Bereicherung!»
Nach einer kurzen Zeit im operativen Bereich wechselte sie, zunächst widerwillig, in die Marketingabteilung. Sie lebte sich dort aber rasch ein: «Das Unternehmen betrieb ein hervorragendes Marketing und hatte ein grosses Budget. Ich koordinierte Übersetzungen, die Produktion von Werbefilmen und -kampagnen. Ich entdeckte das Marketing und alle Strukturierungs- und Organisationsaufgaben, die damit einhergehen. Die Arbeitsatmosphäre war ausgezeichnet: Wir waren jung und feierten viel – das sind schöne Erinnerungen», so Natalie Bino.
Das Marketing passte so gut zu ihr, dass ihr der Arbeitgeber die Ausbildung finanzierte, die sie zur Marketingplanerin (heute Marketingfachfrau mit eidgenössischem Fachausweis) machte. «Es handelte sich um eine eineinhalbjährige berufsbegleitende Ausbildung – eine intensive, aber gute Erfahrung. Und ich habe mir dabei Kompetenzen angeeignet, die mir bei meiner gesamten Karriere nützlich waren», fährt Natalie Bino fort.
Nachdem sie den eidgenössischen Fachausweis erworben hatte, sammelte Natalie Bino in verschiedenen Unternehmen aus den Bereichen Sport, Ernährung, Kommunikation und Industrielackierung neue berufliche Erfahrungen. Als ihre Kinder auf die Welt kamen, beschloss sie, nur noch 60% zu arbeiten, während ihr Mann 80% arbeitete. «Mit unseren Teilzeitstellen konnten wir uns einen Grossteil der Woche selbst um die Kinder kümmern. Ausserdem hatten wir das Glück, auf die Grosseltern zählen zu können und einen Platz in der Kindertagesstätte zu finden», erinnert sich Natalie Bino, die jedoch gesteht, dass es eine stressige Zeit und mitunter schwierig war, eine Balance zwischen Berufs- und Privatleben zu finden.
«Mir gefiel diese Zeit, auch wenn die Arbeit hart war: Ich begann jeden Tag um 6.30 Uhr, und es gab immer viel zu tun. Es war sehr abwechslungs- und lehrreich.»Natalie Bino über ihre Lehrzeit:
Infragestellung
Als die Kinder grösser wurden, stellte sich eine gewisse Routine ein: «Nach und nach fühlte ich mich in der Routine gefangen, und ich musste etwas ändern», erinnert sie sich. Das war die Zeit, als sie sich für die Abfallreduktion zu interessieren begann. «Die Veränderung vollzog sich nach und nach. Zuerst begannen wir, uns biologisch zu ernähren. Später kamen wir darauf, dass wir mit unserer Tupperware-Dose zum Metzger gehen, unsere Sandwiches in Bienenwachstuch einpacken oder die Wattepads durch waschbare Abschminkpads ersetzen konnten. Das Ganze wurde zu einem Spiel. Eines führte zum anderen, und wir konsumieren nun mehr lokale Produkte, verwenden vieles wieder und geben weniger Geld aus.»
Der Wunsch nach etwas Neuem äusserte sich auch im Wunsch nach einer beruflichen Neuorientierung: «Ich zögerte damals zwischen dem Grafikdesign und der Umwelt. Schliesslich entschied ich mich für die Umwelt!»
Ausbildung zur Umweltberaterin
Sie meldete sich zu einem Modul der Ausbildung zur Umweltberaterin von sanu future learning ag an, einem Unternehmen, das Ausbildungen und Beratungsleistungen auf dem Gebiet der nachhaltigen Entwicklung anbietet. «Anfangs hatte ich nicht vor, die gesamte Ausbildung zu absolvieren. Es war aber so interessant, dass ich wirklich auf den Geschmack kam», erklärt Natalie Bino. Die Vorbereitungskurse für den eidgenössischen Fachausweis in Umweltberatung vermitteln Allgemeinwissen auf dem Gebiet der Natur und Umwelt (natürliche Ressourcen, Naturschutz, nachhaltige Entwicklung, Umweltmanagement in Unternehmen usw.) sowie fundierte Kenntnisse in den Bereichen Marketing, Kommunikation, Beratung und Projektleitung. «Die Ausbildung ist sehr umfassend und praxisorientiert. Ohne die Kenntnisse, die ich mir dort angeeignet habe, hätten wir es mit ZeroWaste Switzerland vielleicht nicht so weit gebracht», fügt Natalie Bino hinzu.
Als wir sie auffordern, einen Blick auf ihre berufliche Laufbahn zurückzuwerfen, gibt Natalie Bino lächelnd zu, dass ihr zum Zeitpunkt ihres Engagements nicht bewusst war, was ihr Projekt alles mit sich bringen würde, und das ist vielleicht ganz gut so. Sie kommt sich manchmal wie der Kolibri vor, der hin- und zurückfliegt, um den brennenden Amazonas-Regenwald mit einem Tropfen Wasser zu retten, und der den grossen Tieren, die sich über ihn lustig machen, antwortet, dass er lediglich seinen Beitrag leiste: «Ich bin überzeugt , dass kleine Änderungen letztendlich einen Unterschied ausmachen werden. Es ist wichtig für unsere Welt, dass die Menschen, die Projekte zugunsten der Allgemeinheit durchführen wollen, den Sprung ins Abenteuer wagen», schlussfolgert Natalie Bino.
Mehr Informationen: ZeroWaste Switzerland
Erstmals veröffentlicht: 15.4.2020
Aktualisiert: 31.3.2022
«Ich zögerte damals zwischen dem Grafikdesign und der Umwelt. Schliesslich entschied ich mich für die Umwelt.»Natalie Bino hat sich neuorientiert: