Seitennavigation & Suche
Wohin der Wind sie trug
Lebenslanges Lernen heisst: wach sein, die eigenen Interessen wahrnehmen, sich für einen Weg entscheiden und ihn begehen. Die Geschichte von fünf Menschen, die das getan haben.
In zwei Welten zu Hause
Manuela Schüpbach, 34, Fachspezialistin Finanzen und Katzenpsychologin
«In der Schule war Rechnungswesen nie meine Paradedisziplin. Eher zufällig unterstützte ich nach der Lehre als Sachbearbeiterin verschiedene Unternehmen im Bereich Rechnungs- und Personalwesen. Erst im Berufsalltag entdeckte ich meine Leidenschaft für die Finanzwelt.
Besonders prägte mich, einen Konkurs hautnah mitzuerleben. Mit 23 führte ich alleine das Sekretariat einer Druckerei und war verantwortlich, Rechnungen und Löhne rechtzeitig zu bezahlen. Die flüssigen Mittel schrumpften und das Ende war nicht mehr abzuwenden. Heute bringt mich so schnell nichts aus der Ruhe.
Nach diesem einschneidenden Erlebnis bildete ich mich berufsbegleitend zur Fachfrau im Finanz- und Rechnungswesen weiter. Seit 2014 arbeite ich als Fachspezialistin Finanzen bei der Eidgenössischen Zollverwaltung. Ich mag das selbstständige Arbeiten und die grosse Verantwortung.
Mein Herz schlägt jedoch nicht nur für die Finanzen: Nachdem ich im Fernstudium Tierpsychologie für Katzen sowie Bachblüten-Therapie für Mensch und Tier abschloss, gründete ich mit Katzenwelt mein eigenes Unternehmen. Als Katzenpsychologin löse ich Probleme im Zusammenleben von Menschen und Katzen und betreibe zudem einen Onlineshop. Mein wöchentliches Arbeitspensum ist abhängig von Anfragen und Bestellungen, lässt sich aber gut mit meinem Job kombinieren.
Dieser Ausgleich tut mir gut, fordert mich aber auch. Darum strebe ich zurzeit keine grosse Weiterbildung an. Nur mein Französisch und Italienisch möchte ich verbessern, damit ich mich mit meinen Kolleginnen und Kollegen in der Romandie und im Tessin fachlich austauschen kann.»
«In der Schule war Rechnungswesen nie meine Paradedisziplin. Erst im Berufsalltag entdeckte ich meine Leidenschaft für die Finanzwelt.»Manuela Schüpbach, 34, Fachspezialistin Finanzen und Katzenpsychologin
Manuela Schüpbachs Herz schlägt jedoch nicht nur für die Finanzen, sondern auch für Katzen.
Lehren und lernen für die Zukunft
Matthias Egger, 35, Primarlehrer
«Seit zwölf Jahren unterrichte ich als Primarlehrer. Gut möglich, dass ich das bis zur Pension tun werde. Ich mag, wie ehrlich und direkt Kinder sind. Im Schulalltag langweile ich mich nie und ich bin immer gefordert. Jede Klasse hat eine eigene Dynamik. Es ist ein schönes Gefühl, Kindern etwas beizubringen. Sie sind schliesslich unsere Zukunft.
Bei meinem ersten Job nach der Lehre merkte ich, dass mir im Büro als Sachbearbeiter etwas fehlt. Ich hatte schon immer einen guten Draht zu Jüngeren und gab Nachbarskindern regelmässig Nachhilfe. Darum entschied ich mich, Primarlehrer zu studieren. Die Rückmeldungen im ersten Praktikum waren sehr positiv und bestätigten mich.
Nach dem Studium arbeitete ich sechs Jahre als Klassenlehrer. Anschliessend übernahm ich die Aufgabe des Tagesschulleiters und führte zwölf Angestellte und 80 Tagesschulkinder. Eine berufsbegleitende Weiterbildung half mir in dieser Funktion.
Heute bin ich als Teilpensen-Lehrer zu 65 Prozent an mehreren Schulhäusern tätig. Ein CAS-Abschluss als Praxislehrperson und Praktikumsleiter ermöglicht mir, mein Wissen an neue Lehrkräfte weiterzugeben. In der restlichen Zeit kümmere ich mich um meine eigenen zwei Kinder.
Meine Familie hat zurzeit Vorrang. Trotzdem ist es mir wichtig, mich beruflich weiterzuentwickeln. Aber auch die Macht der Erfahrung zählt. Nicht alles von früher ist schlecht oder überholt. Das KV würde ich sofort wieder machen. Es verlieh meinem Arbeitsalltag viel Struktur. Dass ich heute so organisiert arbeite und Office-Programme problemlos beherrsche, kommt nicht von ungefähr.»
«Das KV würde ich sofort wieder machen. Es verlieh meinem Arbeitsalltag viel Struktur. Dass ich heute so organisiert arbeite und Office-Programme problemlos beherrsche, kommt nicht von ungefähr.»Matthias Egger, Primarlehrer
Japanische Mode statt weisser Kittel
Carla Lehmann, 34, Modedesignerin:
«Nach der Ausbildung im Inselspital interessierte mich der Beruf der Ernährungsberaterin. Das Vorpraktikum entsprach mir jedoch nicht und ich arbeitete erstmal als kaufmännische Angestellte weiter. In meiner Freizeit zeichnete ich oft und nähte eigene Kleider. Irgendwann als Modedesignerin zu arbeiten, das schien mir unrealistisch. Der Gedanke ging mir dennoch nicht aus dem Kopf.
Drei Jahre brauchte ich, um den ersten Schritt zu wagen: Ich trat die Aufnahmeprüfung zum gestalterischen Vorkurs an. Und schaffte die Zulassung. Die Freude war gross, der Start schwierig: Ich musste zuerst lernen, mich einem Prozess hinzugeben, ohne das Ziel zu kennen. Gut ein halbes Jahr brauchte ich, um mich darauf einzulassen und letztendlich diesen gestalterischen Prozess zu lieben.
An der Textilfachschule absolvierte ich anschliessend den Studiengang Fashion Assistant. Dieser ermöglichte mir nach Abschluss einen Job bei der Schweizer Modemarke Nile. Es dauerte nicht lange und ich durfte selber Kleider designen. Berufsbegleitend absolvierte ich nach vier Jahren die Weiterbildung zur eidg. dipl. Fashion Designerin.
Als angestellte Modedesignerin arbeite ich heute drei Tage pro Woche. Daneben führe ich mein eigenes Modelabel SODE. Hier kümmere ich mich auch um alles Organisatorische und den «Papierkram». Das gehört nicht zu meinen Lieblingsaufgaben, fällt mir aber dank der kaufmännischen Ausbildung einfach.
Wenn ich zurückblicke, habe ich stets darauf vertraut, dass ich meinen Weg finden werde. Aber es braucht auch Mut, die nötigen Schritte zu wagen und sich zu verändern.»
«Ich führe ich mein eigenes Modelabel SODE. Hier kümmere ich mich auch um alles Organisatorische und den «Papierkram». Das gehört nicht zu meinen Lieblingsaufgaben, fällt mir aber dank der kaufmännischen Ausbildung einfach.»Carla Lehmann, 34, Modedesignerin
Carla Lehmann hatte den Mut, die nötigen Schritte zu wagen: Heute hat sie ihr eigenes Modelabel
Mit Laib und Seele dabei
Patrick Bärfuss, 36, Chäser und Geschäftsführer
«Gemeinsam mit meinem Bruder führe ich seit 2014 die zur Chäshütte in Bern. Von Dienstag bis Samstag stehe ich selber hinter der Käsetheke und bediene Kundinnen und Kunden. Oder ich kümmere mich im Sandsteinkeller um die optimale Reifung der Laibe. Der Kontakt mit Menschen und etwas Ehrliches und Bodenständiges zu machen, ist mir mittlerweile wichtiger, als Karriere und ein hohes Gehalt.
Zuvor arbeitete ich während zehn Jahren in verschiedenen Marketing-Positionen und bildete mich berufsbegleitend zum Marketingfachmann und Verkaufsleiter weiter. Zuletzt führte ich als Head of Sales Coordination ein Team bei einem internationalen Chemiekonzern.
Bereits als Lernender bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung jobbte ich daneben auf dem Berner Wochenmarkt als Verkäufer von Oliven und Antipasti. Später gründete ich mit Freunden eine eigene kleine Firma, mit welcher wir seither Mittelmeerspezialitäten vertreiben. Diese Arbeit auf dem Märit zeigte mir, was mir bei der Arbeit wirklich wichtig ist.
Darum fiel mir der Entscheid, den Käseladen zu übernehmen, einfach. Ich schätze die Vielseitigkeit, den Austausch mit Menschen und den Verkauf von genussvollen Produkten. Auch die Freiheit als Selbstständiger, obwohl mich manchmal stört, dass die Ladenöffnungszeiten binden.
Weil ich die Möglichkeiten und den Mut hatte, eigene Erfahrungen zu machen, konnte ich herausfinden, was wirklich zu mir passt. Aber ausgelernt habe ich nie. Mein Wissen als Erwachsenenbildner weitergeben oder selber auf einer Alp käsen: Das will ich unbedingt noch ausprobieren.»
«Weil ich die Möglichkeiten und den Mut hatte, eigene Erfahrungen zu machen, konnte ich herausfinden, was wirklich zu mir passt.»Patrick Bärfuss, 36, Chäser und Geschäftsführer
Patrick Bärfuss schätze die Vielseitigkeit, den Austausch mit Menschen und den Verkauf von genussvollen Produkten.
Die Interessen als Kompass
Sarah Kämpf, 36, Chefin konsularische Dienstleistungen in Havanna
«Zurzeit befinde ich mich auf Schweizer Boden. Allerdings auf Kuba. Ich sitze in meinem Büro der Schweizer Botschaft in Havanna. Hier kümmere ich mich seit drei Jahren als Chefin konsularische Dienstleistungen um die Anliegen von Schweizer Touristen, Auslandschweizerinnen und -schweizern sowie Visumantragstellenden.
Die anspruchsvolle und vielseitige Arbeit entspricht mir. In Krisensituationen wie einem Hurrikan oder aktuell Covid-19 ist es sehr herausfordernd. Wir sind dann rund um die Uhr erreichbar, bieten konsularischen Schutz, sorgen für Heimschaffungen und müssen bei Todesfällen die Leichen identifizieren. Grundsätzlich ist es aber ein normaler «Adminjob».
Als Sommeraushilfe auf der US-Botschaft in Bern entdeckte ich meine Begeisterung für die Diplomatie. Sechs Jahre blieb ich auf der Visa-Abteilung hängen. Dann erzählte mir eine ehemalige Branchenkurs-Kollegin von ihrer Weiterbildung zur Konsularischen Mitarbeiterin. Wenige Wochen später reichte ich mein Dossier ein und 2014 startete ich in Shanghai. Nach dem Abschluss ging ich als stellvertretende Betriebsleiterin der Fremdeninteressen nach Teheran im Iran.
Ich lerne am liebsten, indem ich Dinge selber anpacke. Darum entschied ich mich damals für das KV. Seither folgte ich stets meinen Interessen und probierte immer wieder neues aus: Deutschlehrerin in Argentinien, Stadträtin, Wirtepatent, Studium in Journalismus und aktuell Verhaltenstherapie für Hunde. Als Nächstes liebäugle ich mit einem Master in Public Administration. Und ein eigenes Bed and Breakfast im Grünen, das wäre auch mal was.»
Erstmals veröffentlicht: 1.9.2020,
Aktualisiert: 20.1.2022
«Ich lerne am liebsten, indem ich Dinge selber anpacke. Darum entschied ich mich damals für das KV. Seither folgte ich stets meinen Interessen und probierte immer wieder neues aus.»Sarah Kämpf, 36, Chefin konsularische Dienstleistungen in Havanna